5
Jan
2007

Abrechnung mit Bild, Ton und Schrift 2006

Neuentdeckte Töne des Jahres
1. Lucky Jim – All our troubles end tonight
Als Tipp gefunden bei einem ausgesprochenen Eskobar-Fan, begeistern Lucky Jim auf dieser Platte schon 2004 mit wunderschöner Stimme und einem manchmal etwas countrylastigen Sound, der dennoch in Herz und Seele hängen bleibt. Toll für lange Strecken auf der Autobahn.
2. Jens Lekmann – Oh, you´re so silent, Jens
Manchmal helfen die Querverweise bei Amazon. Poetisches Songwriting der besonderen Art.
3. Final Fantasy – He poos clouds
Ein Mann, eine Geige und der Rest ist Fuß – auch wenn die Instrumentierung auf der diesjährig erschienenen Platte „He poos clouds“ durch Piano und echte Drums erweitert wurde. Eine beeindruckende One-Man-Show. Mein Dank gilt Lars für diese musikalische Weiterbildung.
4. Coco Rosie – Noahs Ark
Das Geschwisterpaar Casidy bietet eine schräge Mischung aus Folkpop, Kammermusikstücken und Electronica, in die man sich reinhören muss, aber die einen nicht mehr loslässt, wenn es gelingt, sich auf sie einzulassen.
5. The Doors – Best of
Peinlich, aber wahr. Spät, aber noch nicht zu spät. Ich bin hin- und mitgerissen. Und so schafft es ein Buch mir legendäre Musik nahe zu bringen.

Bands des Jahres
1. Muse
Weil Matthew Bellamys Stimme mir noch immer das Herz bricht und weil ich bisher keine andere Band gehört habe, die über diese Musikalität und diese Tiefe verfügt und trotzdem dermaßen rockt, dass man beim Hören Gefahr läuft, den Kopf zu verlieren
2. Placebo
Dies Jahr wieder mit dabei, trotzdem „Song to say goodbye“ kein „Bitter end“ ist, hat „Meds“ sich dennoch in Herz und Ohr gefressen und im CD-Wechsler des Autos Wurzeln geschlagen. Dieses Jahr gefühlt dichter an Muse denn je.
3. Portugal. The man
Man möchte „Danke“ sagen für diese Band. Einer Band, der es in diesem Jahr gelang, im Einheitsbrei des Rock eine besondere Platte zu schaffen, wie es vielleicht in den letzten Jahren nur Arcade Fire oder Radiohead gelang.
4. The whitest boy alive
Möge dieses Projekt um Erlend Öye (Tut mir Leid, aber ich finde einfach nicht das dänische ö auf meiner Tastatur.) noch viele, viele Platten machen, die sich so schnell ins Ohr, in die Beine und ins Herz stehlen, dass man beim Hören aus dem Grinsen nicht mehr herauskommt.
5. leander
Noch nicht gesignt, ließen mich die Kranholdt-Brüder dennoch an ihrer Musik teilhaben. Am Ende verließ die Platte nur noch selten meinen 5fach-Wechsler und war gerade beim Schreiben mein ständiger musikalischer Begleiter.

Solokünstler des Jahres
1. Noe Venable
Folkpop-Singer/Songwriting vom Feinsten. Ich kann seit einem Monat nicht genug bekommen von dieser Platte.
2. Damien Rice
Seine Musik ist dazu gemacht, einem die Tränen in die Augen zu treiben. Besser kann ein Cello in der Popmusik kaum eingesetzt werden
3. Jens Lekmann
Verückte Singer/Songwriter-Stücke mit wenig, aber teilweise ziemlich frecher Instrumentierung und schönen Texten. Nur schade, dass er ins bürgerliche Leben zurückkehren möchte.
4. An Pierlé
Belgische Frauenpower a là Tori Amos, klassisch instrumentiert, bahnt sie sich mit ihrer wunderbaren Stimme schnell einen Weg direkt ins Herz.
5. Morrissey
Was soll man über einen wie ihn noch sagen? Es wäre doch nur Blasphemie.


Album des Jahres
1. Portugal. The man – Waiter: „You vultures“
Weil man als Rockfan an der Stimme, am kreativen Songwriting und dem Finetuning von Laut/Leise nicht vorbeikommt.
2. Placebo – Meds
Nicht „Bitter end“, aber insgesamt fast noch besser als der Vorgänger
3. Muse – Black Holes and Revelations
Muse und dennoch nicht Muse. Deswegen auch nur Platz 3. Einfach zu viel Orientierung an anderen Bands und Sounds von vorgestern. Schade, denn das können sie erwiesenermaßen besser.
4. Damien Rice – 9
Zugegebenermaßen ein wenig Vorschusslorbeeren, da ich erst seit einigen Tagen im Besitz dieses Albums bin, doch seitdem läuft es in einer Art Dauerschleife in meinem Player und es enttäuscht nicht. Es hat die Kraft, die ich an Rice so liebe. Die Kraft, die Tiefe, das große Gefühl.
5. Uzi & Ari – It is freezing out
Weil Thom Yorke mit sich selbst beschäftigt ist und Radiohead somit schweigt. Uzi & Ari treten in ihre Fußstapfen und die Schuhe scheinen zu passen

Song des Jahres
1. Knights of Cydonia - Muse
Galloppierender Wahnsinn und mitten darin der Satz "Don´t waste your time or time will waste you"
2. Meds - Placebo
Schade nur, dass es so lange gedauert hat, bis ich erkannte, dass ich jedesmal, wenn ich lauthals zum Refrain "Baby, did you forget to take your best" sang, vollkommen falsch lag.
3. Juniper – Noe Venable
"Mama, oh Mama, I don´t wanna come down" Wenn ich nur diese Zeile schreibe, höre ich schon wieder den wunderbaren Rhytmus in meinem inneren Ohr.
4. Beautiful Boyz – Coco Rosie
"All those beautiful boyz/pimps and queens and criminal queers/all those beautiful boyz/tattoos of ships and tattoos of tears" gesungen von einer zerbrechlichen Stimme, die jeden Moment zu kippen droht.
5. Analyse – Thom Yorke
Zwischen all dem elektronischen Gefriggel diese Perle.

Konzert des Jahres
1. Morrissey – Hamburg 18.12.06
Ich habe Männer weinen und auf die Knie fallen sehen als er die Bühne betrat. Sie saßen auf den Schultern ihrer Mädchen und Jungs und stimmten immer wieder Morrissey-Gesänge an, als wären wir bei einem Fußballspiel. Und was sagt dieser so scheu wirkende Mann leise: „That´s not necessary.“ Großes Kino!
2. Muse – Hamburg 26.11.06
Vielleicht lag es daran, dass wir in der falschen Ecke gesessen haben, zumeist umgeben von Versicherungsvertretern und Bankkaufleuten, deren maximale Bewegung aus mit den Füßen wippen bestand, vielleicht lag es auch daran, dass ich Muse das erste mal in einer Halle und nicht in einem Club sehen durfte oder einfach nur an der verschütteten Cola auf dem Boden, aber der übliche weggetretene Trancezustand, den ich auf früheren Konzerten erreichte, wollte sich nicht einstellen. Dennoch eine fantastische Bühne und eine fantastische Show, bei der die Securities alle Hände voll zu tun hatten. Vielleicht hätte ich dieses eine Mal aufs Sehen verzichten sollen und mich dem fast kollabierenden Innenraum anschließen sollen. Ich möchte noch immer ganz „Sweet-Sixteen-like“ brüllen: „I love you, Matt!“
3. Placebo – Hamburg 16.12.06
Ich hatte mit allem gerechnet, aber nicht mir einem kahlrasierten, ungeschminkten Brian Molko, der in einem Anzug auf die Bühne trat. So männlich verlor er fast ein wenig von dem Zauber, dem ich auf der „Soulmates never die/Live in Paris“ erlegen war. Dennoch ein ausverkauftes Konzert, dass vom ersten Ton an in die Beine und in die Kehlen schoss. „Special K“, „Meds“, „Song to say goodbye“ und „Bitter end“ wurden von der ersten Zeile an fast Hymenartig mitgesungen und man wünschte sich nur eins: Das dieser unglaubliche Mann uns gelassen hätte. Aber auch so war es Gänsehaut pur.
4. Depeche Mode – Hamburg 15.01.06
Erst durch das Album „Ultra“ auf den Depeche Mode Zug aufgesprungen, hatte ich die Karten gekauft, bevor ich das neue Album „Playing the Angel“ kannte. Dies ließ mich schon fast wieder den voreiligen Kartenkauf bedauern, doch am Ende war es eine große Show, in der sich drei alte Weggefährten, die sich nicht immer lieben, den nötigen Raum ließen. Dave Gahan, den ich so wunderbar überzogen in dem „It´s no good“-Video fand, sorgte mit seiner gockelnen Art, die er wohl schon immer an den Tag gelegt hat, für viel Spaß. Die Halle selbst kochte natürlich vor allem bei den Klassikern aus den Achtzigern, aber so ist das wohl, wenn eine Band auf diesem Niveau über 20 Jahre im Geschäft ist. Die Fans altern mit und wollen zurückgebracht werden in die guten alten Zeiten. Am Ende war ich auch mit „Playing the angel“ ausgesöhnt und freute mich, dass sie dennoch einiges von ihren besten Platten „Exiter“ und „Ultra“ gespielt hatten.
5. Rosenstolz – Schwerin 22.08.06
Gut erholt nach einer Tourpause spürte man, dass sie wieder Lust hatten und diese Lust gaben sie an ihre Fans zurück. Sie ließen es rocken und waren auch instrumental fantastisch besetzt. Viel mehr kann ich allerdings nicht dazu sagen, denn ich habe weder viel gesehen noch gehört. Doch für das nächste Mal habe ich mit meinem ewig laut mitsingenden Liebsten vereinbart, dass wir das Konzert getrennt erleben werden. Sollen sich doch andere ärgern.


Film des Jahres
1. Brokeback Mountain
Ang Lee ist und bleibt einer der besten Geschichtenerzähler Hollywoods
2. Hard Candy
Der Film lässt einen fassungslos und hilflos zurück.
3. Walk the line
Beeindruckende Geschichte des "man in black" und nicht ein einziges "Ich Liebe dich" in einer der stärksten Liebesgeschichten der modernen Musikgeschichte.
4. Match Point
Woody Allen anders und doch at it´s best, trotzdem es London ist und nicht New York oder vielleicht gerade deswegen?
5. Der Rosinenberg
Die Liebeserklärung an einen der schönsten Landstriche Deutschlands

TV-Serien des Jahres
1. Deadwood
Die erste Staffel zum Geburtstag bekommen und bereits am 2. Weihnachtstag die letzte Folge geschaut. Die unzivilisierten Sopranos des wilden Westen und noch böser. Toll!
2. Six Feet under
In diesem Jahr durften auch wir hier in Deutschland uns von einer der besten Serien verabschieden. Und am Ende bleibt die Frage nach dem Warum.
3. Die Sopranos
Sehnlichst wird Staffel 6 von mir auf DVD erwartet, auch in dem Wissen, dass diese Serie sich damit für immer verabschiedet.
4. Nip/Tuck
ProSieben stellte die Sendung schon mitten in Staffel 2 wegen Quotenflaute ein. Staffel 3 darf als DVD nur noch an Volljährige verkauft werden. Ich bleib dabei: Herrlich böse und abgründig. Und solange „Wetten dass…?“ noch immer höchste Einschaltquoten bekommt, können diese kein Kriterium sein.
5. lost
Die erste Staffel völlig verschlafen und seit der zweiten voll drauf. Ich sag nur: Der Hai! Der Hai! Das Logo! Das Logo!

Bücher, gelesen in 2006

1. Danny Sugerman – Wonderland Avenue
Ein Buch über L.A. Ende der Sechziger und den beginnenden Siebzigern, Drogen und Aufstieg und Fall von „The Doors“ und Jim Morrison im Speziellen. Geschrieben aus der Sicht eines heranreifenden Jungens, der sich verliert und dennoch findet in dieser kaputten Welt aus Musik und Drogen. Ein Tatsachenbericht, der kaputter und spannender kaum sein kann und der mich in diesem relativ lesearmen Jahr am stärksten gepackt hat.

2. Anais Nin – Nächte unter dem Venusmond
„Nächte unterm Venusmond“ wurden Anais Nins Tagebuchaufzeichnungen aus den Jahren 1937 bis 1939 genannt. Erst 2005 auf Deutsch erschienen, stellen sie die letzte Zeit ihrer Pariser Jahre dar, in denen sich ihre Affäre zu Henry Miller zu Gunsten einer ebenbürtigen Freundschaft zu verändern beginnt, in denen sie durch ihren Geliebten Gonzalo Morá an den Kommunismus herangeführt wird und in denen die Versetzung ihres Mannes nach London sie vor eine Entscheidung stellt, die ihr am Ende auch durch Ausbruch des Krieges abgenommen wird. Wieder ein Buch voller Kraft, Authentizität, Schönheit, Reflektion, Intelligenz, Weisheit und unerbittlicher Ehrlichkeit, das die instinktive Wildheit der Autorin deutlich spüren lässt

3. Gabriel Garcia Marquez – Leben, um davon zu erzählen
Im seiner Autobiografie schildert Marquez die Geschichte seiner Familie und die seine bis zu seinem ersten Verlassen des Landes. Er nimmt uns mit auf seiner Reise durch die verschiedenen Teile Kolumbiens, die im Laufe seines jungen Lebens zu Aufenthaltsorten wurden und erzählt uns damit gleichzeitig, woher seine Romane kommen. Er verortet uns damit nicht nur geografisch in Kolumbien sondern auch historisch und seelisch.
604 Seiten stark, stellte mich dieses Buch vor eine ähnliche Herausforderung wie „Hundert Jahre Einsamkeit“ oder „Die Liebe in Zeiten der Cholera“. Nicht, weil mich 600 Seiten schrecken, sondern weil aus 600 Seiten Marquez durch seine dichten Erzählweise durchaus gefühlte 1200 Seiten werden können. In diesem Fall jedoch nicht

4. T.C. Boyle – Dr. Sex
In seinem Roman „Dr. Sex” folgt T.C. Boyle den Spuren Professor Kinseys, der mit seinem Report über die Sexualität des Mannes und später auch der Frau Amerika aus seinem puritanischen Dornröschenschlaf erweckte und der Nation einen erbarmungslosen Spiegel vorhielt. Auf gewohnt satirische Art nähert sich der Autor einem Mann, der einem Land die eigene Heuchelei vor Augen führen will und am Ende seines Weges, auf welchem weder Gefühle noch Widerspruch geduldet werden, genau dieser erliegt.
Kinsey erweist sich am Ende auf seine skrupellose, fanatische und auch geniale Art als ein Produkt seiner Zeit und seines Landes.

Anmerkung der Redaktion: Dies nur als Lebenszeichen. Ich sitze auch schon an der Hausaufgabe und hoffe, damit bald die erste Lektion abschließen zu können. Die Festtage sind vorbei und jetzt kann endlich wieder gearbeitet werden...:-)
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